08.06.2011

der Name von meinem Papa

Ums Englischhausaufgabe war es, ein Astdiagramm seiner Familie zu zeichnen, die Namen der Familienangehoerigen in lateinischen Buchstaben zu schreiben und jeweils ein Foto dazu zu kleben. Hoert sich einfach an!

Um (15 Jahre) hat es mittlerweile bis in die achte Klassenstufe geschafft - ohne je lesen oder schreiben gelernt zu haben. Nur weil er jeden Tag in der Schule anwesend ist, kommt er weiter. Kein Lehrer kann 'Nein' sagen und ihn wiederholen lassen. Dass ist die kognitive Seite dieser Geschichte.
Emotional ist sie mindestens genauso so schwer!
'Bruder, ich hab ja gar kein Foto von meinen Eltern' sagte er und machte sich erst einmal in einer Zeitschrift auf die Suche nach attraktiven Gesichtern. 'Das geht auch nicht. ... Und dann muss ich sagen, dass ich gar keine Eltern mehr habe.'
'Um, sag einfach, dass du zur Zeit nicht bei deiner Familie lebst und dass die Bilder woanders sind. Mal einfach eine schoene Blume statt eines Fotos.' 'Mhmmmm. Aber der Name....'
'Wie heissen sie denn?' 'Phon hiess meine Mama.'
'Und dein Papa?'
'Ich weiss es nicht, den hab ich nie gesehen und ich weiss gar nichts ueber ihn.' Schweigen.
'Soll ich einfach den Namen von meinem neuen Papa dahin schreiben?'
Gute Idee und so schrieb ich ihm den Namen unseres Mitarbeiters vor, der sein 'neuer Papa' ist.

Waehrenddessen schnitt Man an einer Postkarte, weil er mir helfen wollte. Man ist mit 12 der Juengste unserer Bewohner. Der Regel nach kommen die Jugendlichen ja erst ab 15 Jahren zu uns. Da er aber ein 'Problemkind' ist, wurde er in seinem Kinderheim nach den Ferien nicht mehr aufgenommen - so kam es eben zu einer Ausnahme der Altersregel. Wie gesagt, Man wollte helfen. So gab ich ihm ein Schneidemesser und Papier. Nach dem zweiten Buchstaben wollte ich ihm schon das Papier wegnehmen, denn es war eben (fuer mich) nicht korrekt genug gearbeitet. Dann zeigte ich ihm doch noch einige Schneidetechnicken und Man hat am Ende eine geschlagene Stunde an den Worten "Vielen Dank" geschnitten. Ehrlich gesagt war ich maximal beeindruckt, denn ich haette ihm nie zugetraut, dass er so geduldig an einerrSache dranbleiben wuerde. Auf das Ergebnis ist er maechtig stolz und ich auch - korrekt ist eben auch relativ! Ich finde, dass diese Karte eine ganz besondere Postkarte geworden ist.